How to: Richtig anschnallen - Spezial: Anschnallen im Winter ❄

Wie du dein Kind auch an kalten Tagen im Auto richtig sicherst

🥶🧊 Brr, ist das schon wieder kalt da draußen geworden!
Weißt du, was passiert, sobald es im Oktober oder November ungemütlicher im Freien wird? Die E-Mail-Boxen von Kindersitz-Händlerinnen und -händlern füllen sich wieder mit täglichen Fragen wie: „Wie kann ich die Gurte am Kindersitz verlängern, damit ich mein Kind auch im Winter sicher anschnallen kann?“ oder Aussagen wie „Wer zur Hölle hat den Sitz so bescheuert konstruiert, dass kein Kind mit Schneeanzug mehr hineinpasst? Ich werde bald verrückt!“

Glaubst du nicht? Ist aber so, ich kenne das aus eigener Erfahrung – in einem Kindersitz-Geschäft brauchst du keine Wetter-App, du musst nicht einmal vor deine Türe gehen: Ein Blick ins Mailfach reicht aus und du weißt: Es ist wieder so weit, es fröstelt.

Du hast dich heute auch gefragt, wie du es schaffen sollst, dein widerspenstiges Minimonster mit den Oktopus-Armen in den Kindersitz zu bekommen, wenn sich dein kleiner Leon schon wehrt, sobald du nur in die Nähe des Sitzes kommst und der dicke Anzug oder die Jacke dir das Anschnallen noch zusätzlich schwer machen? Gar nicht. Bitte. 😃

Dicke Daunenjacken und Schneeanzüge haben in Kindersitzen wirklich nichts zu suchen und warum das so ist und wieso dein Kind trotzdem nicht (er)frieren wird, erfährst du in meinem Anschnall-Spezial zum Autofahren im Winter.

7 Kinder

Über deine Ratgeberin:

Gestatten? Kerstin! Kaffee-Junkie, Kindersitz-Coach, Mama von 7 Kindern und wenn du mich fragst, sind die Jahreszeiten ungerecht verteilt - oder warum genau hat der Herbst nur zwei Monate und der Winter gleich vier? Vielleicht verdrehst du jetzt deine Augen genau so wie mein Mann - ein Novemberkind - wenn ich ihm erkläre, dass der November alles ist, aber ganz bestimmt kein Herbstmonat. 😁 Aber für mich ist dieser Nebel-, Niesel- und Nachtfrostmonat einfach viel zu kalt. Und kalt = Winter. Es ist schließlich das Gefühl, das zählt, oder?

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Inhaltsverzeichnis: Winterjacke im Kindersitz

Warum eine Jacke im Kindersitz keine gute Idee ist

Sehen wir uns am besten gleich einmal an, warum dicke Winterkleidung im Kindersitz keine gute Idee ist.

Grund 1: Kinder mit dicken Jacken anzuschnallen ist fürchterlich nervtötend

Am naheliegendsten ist – und das hast du gerade vielleicht selbst bemerkt – dass du es kaum noch schaffst, dein Kind überhaupt anzuschnallen, wenn der dicke Warmhaltestoff von Schneeanzug und Winterjacke so stark aufträgt, dass du a) die Gurte nur noch ganz schlecht erreichst und b) sie komplett lang ziehen musst und sie sich trotzdem kaum noch schließen lassen.

Und das Ergebnis? Dir ist jetzt zwar richtig warm, weil du Blut und Wasser geschwitzt hast, um deinen kleinen Oktopus festzuschnallen, aber die Gurte liegen nun irgendwo und rutschen dazu noch andauernd von der Schulter. 

8 Arme und keine Geduld. Kind im Winter anschnallen
Na? Hast du auch so einen kleinen Oktopus zuhause?

Grund 2: Kinder mit dicken Jacken anzuschnallen ist schrecklich gefährlich

Neben dem praktischen Problem gibt es beim Anschnallen mit Jacke allerdings auch noch einen gefährlichen Hintergrund: Selbst wenn du es schaffst, die Gurte des Kindersitzes einigermaßen ordentlich und vermeintlich fest an dein Kind zu bringen, kann es passieren, dass dein Kind bei einem Verkehrsunfall aus dem Kindersitz geschleudert wird. 

Warum ist das so? Schneeanzüge und Winterjacken haben die Eigenschaft, aus Stoffen zu bestehen, die sich komprimieren, also zusammendrücken lassen. Wenn du deine Winterkleidung im Sommer irgendwo lagerst, weil sie im Kleiderschrank stört, und du sie dazu vakuumierst (das ist die Geschichte mit den Tüten und dem Staubsauger), nimmt sie unter dem Bett oder auf dem Dachboden viel weniger Platz weg.

Genau das passiert allerdings auch bei einem Unfall. Bei einem Frontal-Aufprall wird dein Kind im Vorwärtssitz innerhalb von Millisekunden nach vorne geschleudert und vom Gurtsystem des Kindersitzes gehalten. Allerdings drückt sich dabei auch der Stoff zwischen dem Körper deines Kindes und dem Gurtsystem extrem schnell zusammen. Und so entsteht Platz zwischen deinem Kind und dem Gurt. 

Bei der Babyschale und beim Reboarder ist das übrigens auch so: Hier wird dein Kind beim Frontalaufprall zunächst von der Sitzschale und der Kopfstütze aufgefangen. Im nächsten Moment – beim Rückprall (Rebound) wird dein Kind dann in die andere Richtung, also ins Gurtsystem und die Gurte, gedrückt. 

Die Folge vom Anschnallen mit Winterkleidung: Die Kleidung komprimiert sich schlagartig und es entsteht eine große Lücke zwischen deinem Kind und seinem Gurt. Das heißt, der Gurt greift deutlich später als er es tun sollte oder kann dein Kind, wie im Video-Ausschnitt zu sehen ist, nicht mehr halten. 

Video-Ausschnitt: Dummy mit Winterjacke wird aus dem Kindersitz geschleudert

© Ausschnitt aus dem Video "New results show dangers of winter coats in car seats" / https://www.youtube.com/watch?v=yA7r92TFMY8

Kindersitzwissen zum Anschnallen, das du nur für "Wer wird Millionär?" brauchst

Gurtlose, die:

Wenn der Kindersitzgurt durch die Winterjacke nicht mehr eng am Kind anliegt, wird der nicht anliegende Teil des Gurts als "Gurtlose" bezeichnet. Bei einem Unfall führt die Gurtlose dazu, dass das Kind oder auch der Erwachsene zuerst mehrere Zentimeter im "freien Raum" nach vorne geschleudert wird, bevor das Gurtsystem reagieren kann. Bei modernen Fahrzeugen sind deshalb (oft nur vorne) Gurtstraffer verbaut, die den Gurt bei bzw. kurz vor einem Aufprall blitzschnell straffen.

Out-of-position

Der Begriff "Out-of-position" bezeichnet eine Position oder Sitzhaltung im Auto, die nicht der regulären Position entspricht. Beispiel: Der Fahrer oder die Fahrerin liegt im Auto statt aufrecht zu sitzen. Auch wenn du oder dein Kind mit einer Winterjacke angeschnallt ist, befindet ihr euch außerhalb der idealen Position, in der das Gurtsystem des Autos oder Kindersitzes ideal anliegt. Durch ein "Out-of-position" steigt das Risiko schwerer Verletzungen..

Crashtests in Winterkleidung

Erklärungen und Bilder sind schön, ein Crash-Test wäre aber noch überzeugender? Gerne, bei mir kannst du dir gleich mehrere Crashversuche mit Dummys in Winterkleidung im Kindersitz ansehen, bitte schön: 

Video ADAC: Crashtests in Winterkleidung

Video TCS: Kinder sicher anschnallen im Winter

Video ÖAMTC: Gefährliche Autofahrt mit dicker Jacke

Video Click on Detroit: Die Gefahren von Winterjacken in Kindersitzen

Videos von Folksam: Crashtests in Winterkleidung

Auch ➞ Folksam, eine schwedische Versicherungsgesellschaft, hat im Jahr 2015 ➞ Crashtests mit Dummys in Winterkleidung durchgeführt. Für die Tests verwendet wurden P 6-Dummys, also Dummys, die ungefähr einem 6-jährigen Kind entsprechen. 

Zunächst würde ein Referenztest mit einem Dummy ohne Winterkleidung durchgeführt, um Vergleichsmesswerte zu haben. Diesen Test – die Geschwindigkeit beträgt 50 km/h – siehst du im ersten Video. Im 2. Video (4071) trägt der Dummy eine Winterjacke, der Beckengurt verläuft aber unter der Jacke (die Jacke wurde unter dem Gurt hervorgeholt), das heißt, es ist „nur“ der Brust- bzw. Diagonalgut nicht fest. Im 3. Video (4070) wurde der Brustgurt möglichst fest gestrafft, dafür verläuft der Beckengurt über der Jacke. 

Das Resultat:
Ein nicht fest anliegender Diagonalgurt führt zu höheren Messwerten im Nacken (+ 14 %), an der Brust (+ 62 %) und am Kopf (+26 %), das heißt, das Verletzungsrisiko für das Kind ist deutlich erhöht. Dazu kommt der Dummys beim Crash weiter nach vorne, es besteht deshalb zusätzlich die Gefahr, dass der Dummy oder im echten Leben das Kind mit dem Kopf am Vordersitz anschlägt.

Noch schlimmer erwischt es den Dummy, bei dem der Gurt am Becken durch die dicke Jacke nicht eng genug anliegt. Er rutscht nach vorne und unter dem Beckengurt durch (sogenanntes ➞ Submarining). Da der Gurt dabei in den weichen Bauchraum einschneidet, erhöht sich die Gefahr schwerer innerer Verletzungen.

„Kerstin, ich habe es jetzt wirklich verstanden, aber wie kann ich denn dann dafür sorgen, dass mein Leon im Auto nicht (er)friert? Wirklich gaaar keine Jacke?“

Der "Ist die Jacke zu dick für den Kindersitz?"-Selbstcheck

Die gute Nachricht: Neben sicheren Alternativen zur Winterjacke kann dein Kind grundsätzlich schon auch eine Jacke im Kindersitz tragen, sie muss nur aus den richtigen Materialien sein. 

Unsicher sind: Schneeanzüge, Daunenjacken, andere Jacken aus „Pluster-Stoff“ und dicke Teddyanzüge. Sicher können sein: Fleece- und Strickjacken oder -overalls und Winterkleidung aus Wollwalk oder Wolle-Seide-Gemisch. Warum „können“? Weil es darauf ankommt. Du kannst das ganz einfach selbst testen: 

  1. Zweifelhaftes Objekt deinem Kind anziehen. 
  2. Kind in die Schale oder den Kindersitz setzen oder legen. 
  3. Kind fest anschnallen. 
  4. Kind aus der Schale oder dem Sitz nehmen. Wichtig: Gurtschloss öffnen, das Gurtsystem aber nicht lösen/lockerer machen. 
  5. Zweifelhaftes Objekt wieder ausziehen. 
  6. Kind erneut in die Schale oder den Kindersitz setzen, dieses Mal aber ohne die dicke Jacke oder den Anzug.
  7. Gurtschloss schließen. 
  8. Je nach zweifelhaftem Objekt: Entsetzt sein, weil jetzt wahnsinnig viel Platz zwischen dem Kind und dem Gurtsystem ist oder die Wunschjacke oder den Wunschoverall für geeignet halten und verwenden. 😊

Anhand dieses Tests kannst du sehr schnell und einfach herausfinden, was bei einem Unfall passiert und wie viel Platz zwischen dem Körper deines Kindes und dem Gurtsystem ist, wenn die Winterkleidung binnen Millisekunden zusammengedrückt und die Luft aus dem Stoff gepresst wird. 

Kurzer Nachsatz: Wenn du zu viel Luft zwischen Kind und Gurt hast, obwohl dein Kind eine dünne Jacke oder einen Walk-Overall trägt, kann es auch daran liegen, dass die Kleidung schlicht zu groß ist (ich weiß, wir Eltern kaufen teure Kleidung auch gerne zum Reinwachsen 😊). Zu üppig gekaufte Kleidung wirft Falten unter dem Gurt und kann deshalb ebenso ungeeignet für den Kindersitz sein wie Kleidung aus Daunen. 

BeSafe Bilder-Serie zum Winterjacken-Selbstcheck

Auch BeSafe hat schon getestet, ob eine Daunenjacke im Reboarder (hier der BeSafe Stretch) zu dick ist. Auf den Fotos kannst du zuerst das Kind in der dicken Winterjacke im Kindersitz sehen (Bild 1), danach den großen Abstand zwischen dem Körper und dem Gurtsystem bei ausgezogener Jacke und unverändertem Gurtsystem (Bild 2) und auf dem letzten Foto, wie straff die Gurte im Idealfall an deinem Kind anliegen sollten (Bild 3).

Kind mit Winterjacke im Kindersitz
Bitte nicht nachmachen: Kind mit dicker Jacke im Reboarder © BeSafe
Kind zu viel Platz zwischen Gurt und Körper wegen zu dicker Jacke
So viel Platz wäre bei einem Unfall zwischen dem Kind und dem Gurtsystem © BeSafe
Kind ordentlich angeschnallt im BeSafe Stretch
Ideal: So eng sollten die Gurte am Kind anliegen © BeSafe

Sichere Alternativen zur Jacke im Kindersitz

Die Sache mit den dünnen Jacken ist dir nicht kuschelig genug für dein Kind? Das können wir ändern. 😊

Warm und über dem Gurt: Der Kindersitzponcho

Vielleicht ist ein Kindersitz-Poncho genau das, was du für dein Kind suchst? Der Poncho – am besten einer mit Reißverschluss an der Vorderseite – hält dein Kind während der Autofahrt kuschelig warm. Da der Poncho über dem Kind und dem Sitz liegt, beeinträchtigt er den Gurtverlauf nicht, perfekt!

Kindersitzponchos sind für Babys, Kleinkinder und größere Kinder gut geeignet und haben den Vorteil, dass die Kleinen sie auch auf dem Weg zum Auto und vom Auto zum Kindergarten oder zum Einkaufen tragen können. 

So ist es draußen und drinnen warm und wenn es zu warm wird, kannst du oder dein Kind den Reißverschluss öffnen. Kindersitzponchos gibt es je nach Anbieter mit oder ohne Ärmel, in verschiedenen Größen und bestimmt auch in deinem Lieblingsstoff. 

Roter Kindersitzponcho von Liebes von Priebes
Warm und kuschelig: Walter, der Kindersitzponcho von Liebes von Priebes

Auch warm: Ein Fußsack für die Babyschale oder den Kindersitz

Für Babys ist es im Auto einfach: Nimm einen Fußsack oder eine Einschlagdecke für die Babyschale und schon sind die Kleinen kuschelig eingepackt. Achte darauf, dass beides aufknöpfbar oder mit einem Reißverschluss ausgestattet ist – und darauf, dass es die passenden Schlitze für das Gurtsystem deiner Schale gibt. Häufig erhältst du solches Zubehör zu deinem Modell passend vom Kindersitzhersteller. 

Leider werden für Kleinkinder nur sehr wenige Fußsäcke angeboten, sicherlich auch deshalb, weil die Kleinen in dem Alter schon laufen und so den Schmutz mit in das Säckchen tragen. Für die Gemütlichkeit fände ich größere Fußsäcke für das Auto aber sehr praktisch, Schuhe kann man schließlich auch ausziehen (und ich will auch einen! 😂). 

Wie wäre es mit einer Decke?

Manchmal fallen einem die einfachsten Ideen nicht selbst ein, deshalb: Wie wäre es mit einer kuscheligen Decke? Bei kleineren Kindern kannst du sie etwas unter die Beine schlagen, sodass sie sie nicht wegstrampeln, ein größeres Kind kann sich selbst in die Decke einmummeln und sie wieder beiseite legen, wenn es zu warm wird. 

Wer wärmt denn hier? Ein Wärmetier!

Was auch im Auto funktioniert: Ein Kirschkernkissen, Handwärmer oder ein Wärmetier. 

Wir sind große Warmies-Liebhaber, deshalb darf dieser Tipp auf keinen Fall hier fehlen! Pferd, Pinguin oder Donut (na gut, das ist kein Tier) kurz in die Mikrowelle und mit ins Auto – zum Vorwärmen des Kindersitzes (eigentlich aber nicht nötig 😊) oder zum Kuscheln fürs Kind. 

Warum haben wir eigentlich so viele Wärme-Tiere, aber kein Sitz-Kitz? 👀🦌

Wärmetiere, auch für das Auto und den Kindersitz im Winter
Und das sind nur die Warmies, die gerade nicht bei den Kindern im Bett liegen. 😂

Weitere Tipps und Tricks für Autofahren im Winter

Ja, klingt alles gut, aber auch viel zu aufwendig und nervig? Anziehen, ausziehen, umziehen, nur um Autofahren zu können?

Ich schwööööre, so schlimm ist es wirklich nicht, aber wenn du es einfach haben möchtest, mach es doch so: Winterjacke ans Kind, zum Auto, Winterjacke aus, Kind in den Sitz und die Jacke danach falschherum und über dem Gurt wieder ans Kind. Das kostet euch 56 Sekunden beim Einsteigen und 56 Sekunden beim Aussteigen mehr und du brauchst kein extra Winter-Auto-Zubehör. 💁‍♀️

Appell an Mama, Papa und die Großeltern

Übrigens: Auch Erwachsene fahren ohne Winterjacke deutlich sicherer als mit viel Stoff unter dem Gurt. Und wenn du deine Jacke wirklich nicht ausziehen willst, achte doch wenigstens darauf, dass sie nicht unter dem Beckengurt liegt und greif einmal hin und zieh sie unter dem Gurt heraus. Bitte - danke! ☺️

Und damit keiner sagt, ich hätte es ja wenigstens kurz erwähnen können: Kinder werden nicht krank, weil ihnen vielleicht kurz ein bisschen kalt ist. Kinder werden krank, weil sich all diese Winter-Seuchen, Husten, Schnupfen, Corona, Grippe und wie sie alle heißen im Kindergarten und in der Schule in den warmen unbelüfteten Räumen ganz wunderbar verteilen können. 🦠😷🤒

Du hast noch Fragen zum Anschnallen allgemein? Vielleicht findest du die Antwort in meinem Anschnall-Ratgeber für Babyschalen und andere Kindersitze – einmal bitte hier entlang: 

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