Reboarder: Grundlagen und alles, was du wissen solltest
Du hast das Wort „Reboarder“ schon einmal gehört, aber noch keine Zeit gehabt (wir Eltern haben nie Zeit!), herauszufinden, was es mit diesen Kindersitzen auf sich hat? Außerdem spucken die Google-Suche, Alexa und Chat GPT jede Menge Ergebnisse aus, du weißt aber selbst noch gar nicht so genau, wonach du überhaupt suchst und worauf du achten musst? Perfekt, du bist genau richtig hier.
In diesem Kapitel meines ➞ Reboarder-Ratgebers erkläre ich dir alle Grundlagen, die du über Reboarder wissen musst. Von der einfachen Frage ➞ Was ist überhaupt ein Reboarder? bis hin zu den verschiedenen Arten von Reboardern und der spannenden Geschichte, wie dieses Kunstwort entstanden ist.
Nach diesem Kapitel weißt du aber nicht nur, was ein Reboarder ist, sondern auch, wie unterschiedlich das Thema rückwärtsgerichtetes Fahren in verschiedenen Ländern gehandhabt wird.
Während viele Kinder in Schweden ganz selbstverständlich bis zum Schulalter rückwärts fahren, ist das bei uns noch längst nicht normal. Aber wer weiß, wie es am Ende deines Besuchs bei mir aussieht, vielleicht sitzt bald auch bei uns ein Kind mehr rückwärts und so 7 x sicherer im Auto: nämlich deines.
Über deine Ratgeberin: Gestatten? Kerstin! Kaffee-Junkie, Kindersitz-Coach, Mama von 7 Kindern und ehrlich genug zuzugeben, dass Reboarder für sie früher auch einmal ein Buch mit 7 Siegeln gewesen sind.
Nach über 15 Jahren im Kindersitz-Bereich kann ich dir heute nachts um 4 Uhr sämtliche Unterschiede zwischen den über zehn Cybex-Sirona-Versionen herunterbeten und das inklusive all ihrer lustigen Buchstabenanhängsel wie M, M2, S, SX, Q, Z, Zi, TR, T, G oder Gi. Was Cybex sich dabei gedacht hat, kann ich nur mutmaßen, ganz sicher bin ich mir aber darüber, dass du gemeinsam mit mir den richtigen Reboarder für dein Kind und dein Auto findest. Versprochen.
Alles, was du über Reboarder wissen solltest, erfährst du in diesem Kapitel.
- Artikel von: Kerstin
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Reboarder: Definition und Unterschiede der Sitze
Was genau ist denn nun ein Reboarder?
Definition: Was ist ein Reboarder?
Ein Reboarder ist ein Auto-Kindersitz, in dem dein Kind rückwärts im Auto mitfährt, das heißt mit dem Rücken zur Fahrtrichtung und mit dem Blick nach hinten. Rückwärtsfahren hat viele Vorteile – der wichtigste: Es ist viel sicherer für dein Kind, wenn es rückwärts im Auto mitfährt. Das ist auch der Grund dafür, dass Babys in ihrer Babyschale immer entgegen der Fahrtrichtung im Auto sitzen und streng genommen ist deshalb auch eine Babyschale ein kleiner Reboarder.
Wie lange müssen Kinder im Auto rückwärts mitfahren?
Rückwärtsfahren ist sicherer – aber ist es auch Pflicht? Ja, das ist es. In Kindersitzen, die nach der alten Kindersitznorm UN ECE R 44 zugelassen waren, durften Kinder – unabhängig von ihrem Alter – ab einem Gewicht von 9 kg in Fahrtrichtung im Auto sitzen. Da dies deutlich zu früh ist, hat der Gesetzgeber nachgebessert und in der neuen Kindersitznorm ECE R 1291 festgeschrieben, dass Kinder frühestens ab einem Alter von 15 Monaten in Fahrtrichtung sitzen dürfen, also bis mindestens zum Alter von 15 Monaten rückwärts fahren müssen.
Diese UN-Regelung wurde auch in deutsches Recht umgesetzt, einen Hinweis dazu findest du in § 35a Absatz 13 StVZO2: „Rückhalteeinrichtungen für Kinder bis zu einem Lebensalter von 15 Monaten, die der im Anhang zu dieser Vorschrift genannten Bestimmung entsprechen, dürfen entsprechend ihrem Verwendungszweck nur nach hinten oder seitlich gerichtet angebracht sein.“
Nicht zuletzt findest du einen Hinweis auf die 15 Monats-Grenze auch auf allen Reboardkindersitzen, die nicht nur rückwärts, sondern auch vorwärts verwendet werden können. Diese sind immer mit einem Aufnäher/Aufkleber versehen, der darauf hinweist, dass Kinder im Auto(kindersitz) frühestens im Alter von 15 Monaten („15 M+“, „0-15 M“) nach vorne schauen dürfen.
- Amtsblatt der Europäischen Union, L 375, 2021/1806, Ergänzung 4 zur Änderungsserie 03, 6.1.2.7: „Für Kinder unter 15 Monaten dürfen nur zur Seite oder nach hinten gerichtete verbesserte Kinderrückhaltesysteme verwendet werden.“ Volltext als PDF
- § 35a StVZO, Absatz 13. Gesetze im Internet
- Sicherheitslabel nach ECE R 129: Rückwärtsfahren zwischen 0 und 15 Monaten nicht erlaubt, Quelle: UNECE, Public Domain via Wikimedia Commons
Kinder müssen in Kindersitzen, die nach der Kindersitz-Norm UN ECE R 129 zugelassen sind, mindestens bis zum Alter von 15 Monaten und einer vom Kindersitzhersteller für sein Kindersitzmodell vorgegebenen Körpergröße rückwärts transportiert werden. Dies gilt nicht nur in Deutschland, sondern in allen Ländern, die die R 129 in nationales Recht umgesetzt haben.
Wie lange sollten Kinder im Auto rückwärts mitfahren?
Du weißt jetzt, dass dein Kind bis zum Alter von 15 Monaten rückwärts fahren muss – doch wie lange sollte oder kann ein Kind in einem Reboarder fahren? Die einfache Antwort lautet: So lange wie möglich. In modernen Reboardern ist das Rückwärtsfahren (je nach Modell) bis zu einer Größe von maximal 125 cm möglich – so groß ist dein Kind ungefähr zum Zeitpunkt seines 7. Geburtstags.
Ist das nicht unbequem, wenn das Kind so groß ist? Nein, keine Sorge, auch für ältere Kinder ist es im Reboarder noch gemütlich. Das glaubst du nicht? Lies gerne direkt in meinem Kapitel ➞ Reboarder – die häufigsten Mythen nach, dort habe ich auch eine Bildergalerie von großen Kindern im Reboarder eingebaut.
Dein Kind bis zum Alter von 15 Monaten rückwärts zu transportieren, ist Pflicht. Es ist jedoch sinnvoll und viel sicherer, wenn du dein Kind deutlich länger - mindestens bis zum Alter von 4 Jahren und gerne auch darüber hinaus - entgegen der Fahrtrichtung transportierst. Du willst sofort mehr darüber wissen? Gerne, einmal bitte hier entlang:
Sehen wir uns gleich einmal an, welche Arten von Reboardern es gibt und wie lange die Kinder in welchen Modellen rückwärts fahren können, denn Reboarder ist nicht gleich Reboarder.
Reboarder: Wie unterscheiden sich die Sitze?
Reboardkindersitze können anhand ihrer Konstruktion, ihrer Passform oder auch ihrer Befestigungsart in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Starten wir zunächst mit den Größenangaben für Reboarder.
Reboarder: Unterscheidung nach Passform und Größe/Alter des Kindes
Reboarder nach Größe, Gewicht, Alter
Mit der neuen Kindersitznorm UN ECE R 129 gibt es keine Einteilung mehr in Kindersitzgruppen wie früher, sondern Größenangaben für die Nutzung von Kindersitzen. Diese Angaben werden vom jeweiligen Kindersitzhersteller festgelegt und sind verbindlich. Auch bei einem Reboarder musst du die Angaben zur Größe des Kindes auf dem Kindersitz beachten.
Reboardkindersitze lassen sich grob in folgende Größen-Gruppen unterteilen:
- Reboarder ab der Geburt
- Reboarder für Kleinkinder bis 105 cm (ca. 4 Jahre)
- Reboarder für Kinder bis 125 cm (ca. 7 Jahre) und
- Gruppenübergreifende Reboarder
Reboarder ab der Geburt
Moderne Reboard-Kindersitze sind streng genommen nie „ab Geburt“ zugelassen, sondern immer ab einer bestimmten Körpergröße, etwa ab 40 oder 45 cm. Viele Hersteller werben zwar damit, dass ihre Reboarder bereits ab der Geburt genutzt werden können, aus meiner Erfahrung heraus kann ich dir aber sagen, dass nur die allerallerwenigsten Reboarder auch wirklich für ein Neugeborenes geeignet sind.
Viele „Reboarder ab Geburt“ stehen für die Allerkleinsten zu aufrecht im Auto, zum Teil ist die unterste Gurtstufe des Sitzes für ein Mini-Baby noch viel zu hoch oder die Passform des Kindersitzes ist (manchmal selbst trotz Baby-Einlage) an den Seiten so ausladend, dass dem Baby in den ersten Lebensmonaten der Halt fehlt.
Es gibt sie zwar, die Reboarder ab der Geburt – es lohnt sich jedoch, genau hinzusehen (oder direkt meine ➞ Reboarder-Kaufberatung zu lesen).
Gut zu wissen: Reboarder ab der Geburt sind keine großen Babyschalen und haben in der Regel keinen Tragebügel (eine Ausnahme bildet der Klippan CarGo). Das heißt, du kannst dein Baby in einem solchen Reboarder nicht zum Auto oder ins Haus tragen oder sagen wir: Du kannst schon, aber es ist nicht so einfach wie bei einer Babyschale.
Reboarder für Kleinkinder
Die klassischen Reboarder, die du mittlerweile bei nahezu jedem Kindersitzhersteller findest, sind Kindersitze für Kleinkinder ab (meist) 61 cm bis 105 cm. Der überwiegende Teil dieser Sitze kann auch nach vorne und – zum einfacheren Hineinsetzen und Herausholen deines Kindes – zur Seite gedreht werden. Ein durchschnittlich wachsendes Kind ist ungefähr am 4. Geburtstag 105 cm groß.
Ist ein Reboarder, der vorwärts genutzt werden kann, auch ein Reboarder? Die Frage ist fast ein bisschen philosophisch. Da sich mein Vorschlag des sogenannten Kombinationskindersitzes nie durchgesetzt hat (ist vielleicht auch besser so ), heißen Reboarder mit Vorwärtsfahrfunktion auch einfach Reboarder. Allerdings – und das ist einigen Eltern wirklich nicht klar – sind solche Kindersitze natürlich nur so sicher wie ein Reboarder, wenn du sie wie einen Reboarder benutzt, also rückwärts. Wenn du den Sitz in Fahrtrichtung drehst und dein Kind so transportierst, ist der Sitz so (wenig) sicher wie ein üblicher Vorwärts-Kleinkindsitz.
Reboarder für größere und ältere Kinder bis ca. 7 Jahre und 125 cm
Kinder sollten so lange wie möglich rückwärts fahren (warum das so ist, erfährst du hier: ➞ Warum Reboarder sicherer sind). Deshalb gibt es auch „große“ Reboardkindersitze für Kinder bis zu einer Größe von 125 cm. Die meisten dieser Sitze werden mit dem Sicherheitsgurt befestigt, nur wenige können mit Isofix installiert werden. 125 cm groß sind durchschnittliche Kinder ungefähr zum 7. Geburtstag.
Wie du an meinen Absätzen zur Einteilung der Reboarder vielleicht schon gemerkt hast, ist meine Eingruppierung der Sitze nicht wirklich trennungsscharf (und Kindersitzgruppen gibt es streng genommen in der neuen Kindersitznorm auch nicht mehr). Ein Reboarder ab der Geburt wächst mit und passt später natürlich auch deinem Kleinkind – und auch Sitze für Kinder bis 125 cm können bereits für ein Baby geeignet sein. Neben den genannten Reboardern gibt es allerdings noch eine weitere Art von Reboardern, auf die ich eingehen möchte:
Gruppenübergreifende Reboardkindersitze
Wenn ich von gruppenübergreifenden Reboardern spreche, meine ich Reboarder, die damit beworben werden, ab der Geburt bis zum Ende der Kindersitzzeit zu passen. Diese Sitze – früher wären sie in den Kindersitzgruppen 0+/1/2/3 zugelassen gewesen – versprechen, ein Allheilmittel zu sein, quasi eierlegende Wollmilch-Reboarder.
Und Überraschung: Sie sind es nicht. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass solche Kindersitze deutlich mehr Nachteile als Vorteile haben: Sie passen in aller Regel nicht ab der Geburt und meistens auch nicht bis zum Ende der Kindersitzpflicht, weil die Rückenlehnen nicht lang genug sind und die Hersteller an dieser Stelle Kompromisse eingehen müssen.
Dazu kommt, dass diese Kindersitze vergleichsweise schwer sind und deshalb spätestens für große Kinder, die den Sitz als Sitzerhöhung mit Rückenlehne verwenden, unsicherer sind als klassische Folgesitze. Bisher konnte mich kein Reboarder dieser Art überzeugen, weswegen ich dir davon abrate, einen solchen Sitz zu kaufen.
Auch der ADAC prüft im ➞ Kindersitztest immer wieder gruppenübergreifende Kindersitze. Im Zusammenhang mit dem Oktober-Test 2025 wurde leider auch wieder vor zwei gruppenübergreifenden Kindersitzen gewarnt – beide haben sich beim Frontalcrashtest (rückwärts installiert!) von ihrer Verankerung gelöst und flogen mitsamt dem Dummy durch die Halle: ➞ ADAC warnt vor 2 Kindersitz-Modellen .
Reboarder: Unterschiede nach Art der Befestigung: Isofix versus Gurt
Reboarder können nicht nur in verschiedene Altersstufen unterschieden werden, sondern auch nach der Art ihrer Befestigung. Im nächsten Abschnitt zeige ich dir, wie Reboardkindersitze im Auto installiert werden können und was du bei der Auswahl deines Reboarders beachten kannst.
Du fragst dich, wie ein Reboarder in dein Auto eingebaut wird? Unterschiedlich, das kommt auf das Kindersitzmodell an.
Wir können Reboarder in folgende Gruppen aufteilen:
- Reboarder mit Isofix-Anschluss am Kindersitz
- Reboarder mit separater Isofix-Basisstation (unter anderem auch sogenannte modulare Kindersitz-Systeme) und
- Reboarder, die mit dem Autogurt befestigt werden (= gegurtete Reboarder).
Reboarder mit Isofix am Sitz
Schauen wir uns zuerst die Reboarder mit Isofix an.
Bei vielen Reboardkindersitzen findest du direkt am Sitz bzw. an dessen Vorderseite (also der Seite, an der sich die Füße deines Kindes befinden) zwei Isofix-„Stangen“. Diese beiden Arme klickst du einfach in die Isofix-Haken deines Autos ein.
Um einen Isofix-Reboarder zu verwenden, benötigst du ein Auto mit Isofix.
Was ist Isofix?
Isofix ist ein standardisiertes Befestigungssystem für Kindersitze. Es besteht aus zwei Metall-Stangen, die du - wenn dein Auto Isofix hat - unten an der Rückenlehne deiner Autositze findest. Alle Fahrzeuge, die ab November 2014 oder später zugelassen sind, verfügen über Isofix-Sitzplätze. Bei neu eingeführten Fahrzeugtypen musste Isofix schon seit dem Jahr 2011 verbaut werden. Viele Autohersteller statten ihre Fahrzeuge schon deutlich länger mit Isofix aus.
Reboarder mit Isofix haben zwei Isofix-"Arme", die du einfach (und manchmal nicht ganz so einfach) an die Isofix-Stangen in deinem Auto anklicken kannst. Am üblichsten ist Isofix auf den äußeren Sitzplätzen der Rückbank. In vielen Fahrzeugen ist Isofix auch auf dem mittleren Platz vorhanden. Isofix auf dem Beifahrersitz wird deutlich seltener verbaut.
Isofix kann zum Teil nachgerüstet werden. Beachte dabei, dass das nur dann sicher ist, wenn es sich um ein Originalteil deines Autoherstellers handelt.
Reboarder mit separater Isofix-Basisstation
Daneben gibt es Reboardkindersitze, bei denen die Isofix-Arme nicht direkt am Kindersitz angebaut sind, sondern an einer separaten Basisstation (manche Eltern nennen diese auch Gestell oder Unterteil). Bei den allermeisten dieser Kindersitze sind die Basisstation und der Sitz einzeln erhältlich, weil die Basisstation auch für die Babyschale der selben Marke verwendet werden kann (sogenannte ➞ modulare Kindersitz-Systeme).
Der Vorteil solcher Systeme ist, dass du nur ein System brauchst und die Basisstation zuerst für die Babyschale und im Anschluss für den Reboarder nutzen kannst.
Der Nachteil von modularen Kindersitz-Systemen ist, dass du zum Zeitpunkt des Babyschalenkaufs noch nicht weißt, ob der Reboarder später überhaupt zu deinem Kind passen wird. Warum ich dir empfehle, die Schale erst nach der Geburt zu kaufen, kannst du hier nachlesen: ➞ Babyschale erst nach der Geburt kaufen
Ich empfehle dir deshalb, zunächst die Station und die Babyschale zu kaufen und später, wenn dein Baby bereit für den Wechsel in den nächsten Sitz ist, erst einmal auszuprobieren, ob der Reboarder für dein Kind gut geeignet ist.
Reboarder mit Gurtbefestigung (= gurtbare Reboarder oder gegurtete Reboarder)
Du fährst ein Auto, das kein Isofix hat, oder möchtest dein Kind auf dem Beifahrersitz (⚠ Airbag aus!) neben dir haben und dieser hat keine Isofix-Anker?
Kein Grund, auf die Sicherheit eines Reboarders zu verzichten – sehr viele Reboardkindersitze benötigen kein Isofix und können mit dem Autogurt befestigt werden. Gurtbare Reboarder haben gegenüber ihren Isofix-Zeitgenossen oft sogar Vorteile:
Du bist unabhängig von Isofix: Ein gegurteter Sitz passt auch in ältere Fahrzeuge oder auf Sitzplätze ohne Isofix-Anker.
Du bist flexibler: Du kannst den Sitz gegebenenfalls leicht versetzen, um Platz auf dem Nachbarsitz zu schaffen, weil du nicht auf die starre Position der Isofix-Stangen angewiesen bist
Viele gurtbare Reboarder haben ein höheres Gewichtslimit: Sie sind nicht auf die maximale Lastvorgabe von 33 kg beschränkt wie das Isofix-System, bei dem Kinder aktuell bis maximal ca. 22 bis 23 kg (Herstellerangabe beachten) rückwärts fahren können.
Einige Gurt-Modelle sind sogar bis zu einem Gewicht von 36 kg zugelassen, schau mal hier in meine ➞ Reboarder Top 10, welche das sind.
Das ist eine sehr häufige Elternfrage und die Antwort ist: Es kommt darauf an.
Technisch gesehen ist das Isofix-System dafür ausgelegt, eine Last von bis zu 33 kg (Gewicht Kindersitz + Gewicht Kind) zu sichern. Dabei handelt es sich allerdings nur um die Prüvorgabe, nicht um eine "Bruchgrenze". In der Realität muss Isofix natürlich deutlich höhere Kräfte aushalten, weil sich die Last bei einem Unfall durch die Beschleunigungskräfte vervielfacht (z. B. 20–30 g = mehrere Hundert Kilogramm). Ein Dreipunkt-Autogurt ist auf eine Zugfestigkeit von mehreren Tonnen ausgelegt und wird regelmäßig mit Kräften von über 1.500 kg getestet.
Das heißt, ich könnte sogar sagen, dass der Autogurt etwas belastbarer ist als das Isofix-System.
Isofix hat allerdings einen großen Vorteil: Es ist einfach zu bedienen. Du klickst Sitz oder Base ein und bist startbereit. Beim Gurt musst du darauf achten, dass er straff sitzt, richtig geführt wird und nicht verdreht ist.
Das heißt: Isofix ist nicht sicherer, es reduziert aber Fehler bei der Bedienung. Ein korrekt mit dem Gurt befestigter Kindersitz ist jedoch genauso sicher.
Lust auf noch mehr Theorie? 😊 In meinem Kapitel zur ➞ Sicherheit von Reboardern erkläre ich dir, warum Reboarder viel sicherer sind als vorwärtsgerichtete Kindersitze und wer das wie testet. Oder du liest direkt hier weiter, um zu erfahren, woher dieses seltsame Wort „Reboarder“ eigentlich stammt.
Woher stammt der Begriff "Reboarder"?
Hättest du es gewusst? Das Wort Reboarder ist ein Kunstwort, das es nur im Deutschen gibt.
Der Begriff klingt zwar englisch, kommt im englischen Sprachraum jedoch gar nicht vor. Dort sprechen Eltern von rear-facing car seats (USA) oder rearward-facing child seats (UK). Rückwärtsgerichtete Kindersitze gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Vielleicht hast du Lust auf ein bisschen Kindersitz-Geschichte? → Kapitel 7: Die Geschichte des Reboarders
Der Begriff Reboarder hat sich erst in den letzten ca. 10-20 Jahren in Deutschland verbreitet. Ich habe den Begriff zum ersten Mal im Jahr 2008 in einem Forum gelesen.
Ab Ende der 2000er Jahre begannen engagierte Eltern, skandinavische Sitze in Deutschland bekannter zu machen und etablierten dabei auch den Begriff Reboarder.
Wichtige Vorreiter waren unter anderem der Verein Reboard-Kindersitze e.V. und einige Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer, die im Laufe der Jahre wahrscheinlich alle auch Mitglieder im „Reboardverein“ wurden.
Zu dieser Zeit entstanden auch die ersten Fachgeschäfte für Reboard-Kindersitze, zum Teil noch aus privaten Garagen heraus betrieben.
Heute ist Reboarder im deutschen Sprachraum der gängige Begriff für einen rückwärtsgerichteten Kleinkind-Kindersitz.
Im weiteren Sinne zählen auch Babyschalen zu Reboardern, im engeren Sinn sind mit Reboardern hauptsächlich die Kindersitze gemeint, in die die Kleinen nach der Babyschale wechseln.
Reboarder in anderen Ländern
In Deutschland ist Reboarder heute ein feststehender Begriff, der sich klar von vorwärtsgerichteten Sitzen, die einfach nur Kindersitz heißen, abgrenzt.
In anderen Sprachen unterscheiden Eltern meist einfach zwischen rückwärts- und vorwärtsgerichteten Sitzen ohne ein Kunstwort zu verwenden. Auch die Wahrnehmung und Akzeptanz von Reboardern unterscheiden sich deutlich zwischen den Ländern:
- In Skandinavien, allen voran Schweden, aber auch Norwegen und Finnland (wenn wir Finnland zu Skandinavien zählen möchten), ist rückwärtsgerichtetes Fahren bis mindestens zum 4. Geburtstag, oft sogar bis zum Alter von 5, 6 oder 7 Jahren, gelebter Alltag. Begriffe wie bakåtvänd stol (nach hinten gerichteter Sitz, Schweden) oder bakovervendt bilstol (rückwärtsgerichteter Autositz, Norwegen) sind dort neutrale Alltagsausdrücke. Viele Kinder fahren bis ins Vorschulalter rückwärts; Eltern, die früher auf einen Kindersitz in Fahrtrichtung wechseln, sind eher die Ausnahme als die Regel. Das kommt nicht von ungefähr: Schweden war bereits in den 1960er Jahren Vorreiter bei rückwärtsgerichteten Kindersitzen (danke, Volvo!) – eine Tradition, die sich bis heute fortsetzt.
- In Spanien bewerben Behörden und Elterninitiativen den Begriff a contramarcha (rückwärtsgerichtet, oft abgekürzt ACM), um die Akzeptanz von Reboardern zu erhöhen. So gibt es etwa Kampagnen wie A contramarcha salva vidas und auch die spanische Verkehrsbehörde DGT empfiehlt, Kinder so lange wie möglich, idealerweise bis etwa 4 Jahre, entgegen der Fahrtrichtung mitfahren zu lassen.
- In Frankreich heißt es dos à la route (wörtlich „Rücken zur Straße“ bzw. „Rücken zur Fahrtrichtung“). Dort wie hier wird längeres Rückwärtsfahren inzwischen empfohlen, ist aber noch nicht so selbstverständlich wie in Skandinavien.
- Im englischsprachigen Raum (z. B. USA, UK) lautet die Bezeichnung schlicht rear-facing seat. Zusätze wie extended werden verwendet, wenn es um eine längere Nutzungsdauer geht (extended rear-facing, ERF). In den USA schreiben einige Bundesstaaten das Rückwärtsfahren bis mindestens zum 2. Geburtstag vor, die landesweite Empfehlung lautet „so lange wie möglich“. Fachorganisationen wie die American Academy of Pediatrics empfehlen, Kinder so lange rückwärtsgerichtet zu transportieren, bis sie die Größen- oder Gewichtsgrenze ihres Sitzes erreichen.
Unabhängig von der Sprache ist das Ziel überall das gleiche: Kinder entgegen der Fahrtrichtung und so deutlich sicherer zu transportieren. Der Unterschied liegt vor allem in der Selbstverständlichkeit: Während bei uns das Wort Reboarder bzw. die Vorteile des rückwärtsgerichteten Fahrens oft erst erklärt werden müssen, ist in Skandinavien ein einfacher Alltagsbegriff ausreichend und keine Erklärung mehr nötig, weil das Konzept, Kinder rückwärts fahren zu lassen, längst fest in der Praxis verankert ist.
Ganz gleich, ob Reboarder mit Isofix oder mit Gurtbefestigung, entscheidend ist, dass dein Kindersitz immer richtig eingebaut ist. Und egal, ob wir ihn Reboarder, bakåtvänd stol oder rear-facing seat nennen, am Ende geht es immer darum, Kinder so sicher wie möglich zu transportieren.
Im nächsten Kapitel schauen wir uns deshalb an, warum rückwärtsgerichtetes Fahren so viel sicherer ist, welche Kräfte bei einem Unfall wirken und wie genau ein Reboarder dein Kind schützt. Einmal hier entlang bitte 💁♀️
